35 internationale Baufachjournalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben am Waldecker-Fachsymposium 2024 in München teilgenommen. (Bilder: zVg/F.Lipp)
Fery Lipp
Gesammelte Erfahrungen – geteilte Ideen
Die Wärmewende hat sich zum polarisierenden Politikum in Deutschland entwickelt und viel Gegenwind produziert, sowohl politisch als auch gesellschaftlich. Praxisbezogenes Wissen und Konzepte zum Thema fachkundig vermitteln: Das war das Ziel des Symposiums 2024, zu dem das Pressebüro Waldecker Fachjournalisten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum nach München eingeladen hatte.
Das grosse Interesse an den Themen des Symposiums «Wärmewende mit Hand und Fuss – aus der Praxis für die Zukunft» wurde durch die rege Teilnahme bestätigt: 35 Baufachjournalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren der Einladung gefolgt. Fachlich kompetent und praxisbezogen gingen die sieben Vorträge auf Themen wie Luftreinhaltung, Emissionsminderung und Effizienzsteigerung ein. Gastgeber für die Veranstaltung, die das Pressebüro Waldecker organisierte, war erneut die Firmenzentrale des Lüftungstechnikunternehmens Pluggit in München.
Deutschland verliert jährlich 2,5 km³ Wasser
Den Start machte nach der Begrüssung durch Gastgeber Maximilian Berger, Gesamtvertriebsleiter bei Pluggit, Uwe Schumann, Leitung Verbandsarbeit & Wissensmanagement Pluggit, der die Vorteile der Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung erläuterte, von der sowohl Umwelt als auch Gesundheit profitieren. Auch die Schadstoffminimierung in der Atemluft kommt hier zum Tragen.
Schumann betonte allerdings auch, dass von 1990 bis heute die globalen CO2-Emissionen um 70% und die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde um 1,1 °C angestiegen seien sowie sich Deutschland seit 1881 um 1,7 °C erwärmt habe - das bedeute, so Schumann, wir landen in 2045 mit den aktuellen Massnahmen der Nationen bei 3 °C, und damit steige der Meeresspiegel um 7 m an (bisher 2 m). Und: «Deutschland verliert jährlich 2,5 km³ Wasser, das ist globaler Negativ-Rekord!» Das Ziel in Deutschland heisse, bis 2045 klimaneutral zu sein - es bleibe noch viel zu tun. Im Gebäudesektor muss bis 2030 um aktuell gut 40% reduziert werden. Selbst das kommende GEG 2024 greife da viel zu kurz, sagte Schumann.
Wichtige Feinstaubreduktion
Das Thema Feinstaubreduktion wurde von Michael Erlhof, Leiter der Raab-Akademie, erörtert. Er stellte ein Testprojekt (Langzeittest) vor, bei dem elektrostatische Partikelabscheider an Kleinfeuerungsanlagen unterschiedlichster Hersteller ausgewertet werden. Erlhofs Zwischenfazit: «Der Einbau unseres Airjekt 1 Ceramic mit der Einbauvariante im Gebäude erweist sich als wesentlich günstiger als die Mündungsvariante. Zudem ist es langzeittauglich und verschleissarm». Verschmutzungen am Partikelabscheider hängen ab von Einbausituation, Brennstoffdurchsatz und Verbrennungsqualität.
Der Airjekt gilt als bewährtes Produkt. Die elektrostatischen Partikelabscheider von Kutzner + Weber sind seit ca. 14 Jahren am Markt erprobt, verbessert worden und in einer Gesamtstückzahl von ca. 14 000 Einheiten im zuverlässigen Einsatz. Sie wurden für unterschiedliche Anwendungsfälle (innerhalb/ausserhalb von Gebäuden) entwickelt; eine Abscheidewirkung von über 90% ist nachgewiesen (je nach Anwendungsfall).
Beim Projekt wird die Langzeittauglichkeit von 30 Elektroabscheidern bei Einzelraumfeuerungen unter realen Bedingungen (eingebaut bei Privateigentümern) getestet. Wissenschaftlich begleitet wird die Feldstudie von der Hochschule Rottenburg am Neckar. Die Projekt-Ziele umfassen eine Bewertung von elektrostatischen Abscheidern an Kleinfeuerungsanlagen, eine Langzeitüberwachung im Feld und eine Schwachstellenanalyse, das Messverfahren zur Gesamtstaubbestimmung und den Einfluss der elektrostatisch geladenen Partikel auf partikelzählende Messverfahren, die Erarbeitung von Anforderungen und Empfehlungen für mögliche Fördermassnahmen sowie die Ableitung von Nutzeranweisungen/Empfehlungen für den Betrieb.
Grosse Verunsicherung auf der Verbraucherseite
Es folgte das laut Referent Dr. Michael Poeplau «sehr deutschsprachige Thema» Staubmessung. Poeplau, Geschäftsführer der Wöhler Technik GmbH, ging darauf ein, wie die Anforderungen zur Staubmesstechnik an Feststofffeuerungen bewältigt werden können, und erläuterte eindrücklich das Verfahren der direktgravimetrischen Messung.
Dann richtete sich der Fokus auf hybride Heiztechnik. Seit der GEG-Novellierung gibt es in Deutschland – entgegen der Zielsetzung der Gesetzgeber – einen Rückgang beim Einbau von Wärmepumpen und einen Anstieg bei Verbrennungstechnik mit Öl und Gas. Raimund Fischer, Leiter Geschäftsbereich Wärmepumpe von HDG Bavaria bekräftigte: «Der Markt in Deutschland 2023 und 2024 war von grosser Verunsicherung auf der Verbraucherseite geprägt.»
Hybridsysteme können hier den Bogen schlagen zum Einsatz erneuerbarer Energien, das bestätigte Raimund Fischer ausdrücklich: «Hybridlösungen in Verbindung mit unseren Biomasse-Kessel und auch Bestands-Wärmeerzeugern haben wir von Anfang an im Fokus. Der Service wird ein wesentlicher Baustein zum Erfolg unserer Systeme sein». In seinem Unternehmen liegt die Nachfrage nach Hybridanlagen derzeit bei ca. 50%.
Berufsbild im Umbruch
Zum Ende des ersten Aktes gab Markus Schlichter, stellvertretender Vorstand im deutschen Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks ZIV, einen Einblick in die Zunft der Kaminfeger, die immer mehr von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung lebt. Obwohl das Berufsbild sich im Umbruch befindet, verzeichnet die Branche einen starken Zuwachs.
Anschliessend informierte Bernd Morschhäuser, Geschäftsführer von Vitramo, über die Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten seiner Infrarotheizsysteme im Neubau (in der Schweiz allerdings kein Thema) und sagte zu, bei der nächsten Veranstaltung den Fokus auf die Bestandssanierungen zu setzen.
Erkenntnisse nach 200 installierten Schallhauben für Wärmepumpen
Stefan Libor, Key Account Manager bei ATEC, zog ein positives Fazit nach 200 verbauten Wärmepumpen-Schallhauben und zeigte anschaulich verschiedene Objektbeispiele und Beispiele schalltechnischer Untersuchungen. Hier sei weiterhin mit hoher Nachfrage zu rechnen, meinte Libor. Er machte darauf aufmerksam, dass bei der akustischen Planung sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig sei und dass der Aufwand für Schallschutz oft falsch eingeschätzt werde sowohl technisch als auch preislich: «Planung und Durchführung können sehr aufwendig sein, wenn der Standort der Wärmepumpe falsch gewählt wurde, Bestandsanlagen ungünstig für die Nachrüstung gebaut wurden oder wir zu spät dazu genommen werden.» Der Key Account Manager bemängelte auch, dass meist die Schulung des Montagepersonals und bei der Ausbildung der Auszubildenden das Thema Schall fehle.
Stefan Libor schloss mit einem Ausblick auf die neuen Themenfelder, die ATEC ins Visier nimmt. Darunter Hochleistungsspeicher, mobile Wärmepumpen sowie das neu gegründete Unternehmen Hosenso, das einen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte bilde.
Die Vorträge am Symposium 2024 in München haben aufgezeigt: Die Technik für die Wärmewende steht parat. Diese sollte allerdings jetzt gekonnt mit dem (Fach-)Publikum kommuniziert werden - und in der Politik sollten weniger Fehler geschehen.