Die Schweizer Hygienetagung 2025 im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern war sehr gut besucht. (Bilder: Actinova AG/IWW Institut für Wasserforschung GmbH, D-Mülheim an der Ruhr/A.Walker)
Andreas Walker und Fery Lipp
Luft- und Wasserhygiene im Mittelpunkt
Die achte Durchführung der Schweizer Hygienetagung hat heuer früher im Jahr stattgefunden. Diesmal trafen sich die interessierten Branchenvertreter im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. Der Morgen beschäftigte sich erneut mit der Lufthygiene. Der Nachmittag widmete sich dem Themenschwerpunkt Wasserhygiene.
Benno Zurfluh, OK-Präsident, begrüsste als Tagungsleiter Lufthygiene die Teilnehmer der Schweizer Hygienetagung 2025, die zum letzten Mal unter seiner Leitung durchgeführt wurde, im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. David Burkhardt, dipl. HLK-Ing. HTL/ Gesellschafter Defors GmbH, machte mit seinem Referat zum Thema «SIA 382/1 – normative Bestimmung der Luftvolumenströme» den Auftakt. Seit Februar 2025 ersetzt die umfassend revidierte Norm SIA 382/1:2025 die letzte Ausgabe von 2014. Mit der Definition der Raumlufttechnischen Anlage (RLT-Anlage) als ?lufttechnische Anlage, bei welcher der Mensch und/oder sein Wohlbefinden die Grundlage für die Auslegung und den Betrieb bilden?, soll eine RLT-Anlage folgende Aufgaben erfüllen: Sie versorgt einen Raum mit der für den Menschen gesundheitlich zuträglichen und behaglichen Raumluftqualität, beseitigt durch die menschliche Nutzung und durch Baustoffe freigesetzte Stoff- und Energielasten (z. B. Ausgasungen aus Mobiliar, ausgeatmetes CO2) und führt Umwelteinflüsse wie Erwärmung durch Sonneneinstrahlung, Radon aus dem Boden, usw. ab. Für Räume ohne spezielle Nutzungen und ohne besondere Anforderungen an das Raumklima (z. B. Wohnräume und einfache Büroräume) ist die Fensterlüftung eine häufig gewählte Lüftungsmethode. Burkhardt bemerkte: «In Räumen mit Personenbelegung ohne Fenster oder Lüftungsflügel ist gemäss Norm SIA 180 eine natürliche oder mechanische Lüftung erforderlich. Dies gilt auch für Räume, in denen vorhandene Fenster (z. B. aus Sicherheitsgründen, wegen Lärm- oder Schadstoffbelastung) nicht geöffnet werden können».
Wenn möglich sollten die Fenster trotz mechanischer Lüftung geöffnet werden können (unterstützende Fensterlüftung). Allerdings sollten diese nur für kurze ergänzende Stosslüftungsphasen genutzt werden und sonst geschlossen bleiben (hygienisch bedingte Fensterlüftung). Kippfenster sind nur vorzusehen, wenn aktive Kühlung fehlt und die Kippfenster für die nächtliche passive Auskühlung im Sommer verwendet werden (thermisch bedingte Fensterlüftung).
Enthalpierückgewinnung
Prof. em. Heinrich Huber, Hochschule Luzern, erklärte die «Reduktion von Leistungsspitzen für die Be- und Entfeuchtung durch Enthalpierückgewinnung». Eine Enthalpieruckgewinnung (ERG) in einer Raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) kann im Winter die Risiken von tiefen Raumluftfeuchten und einer Vereisung der Wärmerückgewinnung deutlich reduzieren. Zudem minimiert sie den Leistungsbedarf für eine allfällige Be- und Entfeuchtung. Huber stellte fest: «Energiepolitisch interessant ist, dass das Potential der Leistungsreduktion mit den Belastungsspitzen der Stromversorgung zusammenfällt».
Zusammen mit Industrie- und Forschungspartnern hat die Hochschule Luzern im Projekt RePPER untersucht, wie sich die ERG im zukünftigen Klima auf den Bedarf für eine aktive Be- und Entfeuchtung sowie den Energiebedarf und die Leistungsspitzen in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden auswirkt.
Im Winterfall nehmen sowohl der Energie und der Leistungsbedarf ab, wenn eine ERG statt Wärmerückgewinnung (WRG) eingesetzt wird. Im Sommerfall kann der Energiebedarf durch den Einsatz einer ERG zunehmen. Der Leistungsbedarf sinkt aber in allen untersuchten Fällen. Die Zunahme des Energiebedarfs konnte durch eine optimierte Regelung des ERG-Bypass resp. der Rotordrehzahl abgefangen werden. Die Leistungsspitzen treten am Morgen im Anfahrbetrieb auf, wenn die Abluft noch nicht den Sollwert der Raumluftfeuchte erreicht hat und daher der Nutzen der Feuchteübertragung nicht voll zum Tragen kommt. Bei Erhöhung der Raumluftfeuchte von 30 % auf 40 % r.F. steigt der elektrische Leistungsbedarf bei allen WRG/ERG-Kategorien um rund einen Drittel. Hingegen ist die Zunahme des elektrischen Energiebedarfs stark von der WRG/ERG abhängig. So beträgt die Zunahme bei der ERG-Rotor nur 10% bei der WRG aber 73 %.
Der tiefere CO2-Gehalt resp. die Verdoppelung des Aussenluftvolumenstroms führt grob zu einer Verdoppelung des winterlichen Stromverbrauchs. Hingegen nimmt der sommerliche Stromverbrauch durch die freie Kühlung um rund 10% bis 20% ab. Die sommerliche Leistungsspitze steigt aber bei allen Varianten der WRG/ERG um rund 10%. Die ERG kann den Bedarf für eine aktive Befeuchtung deutlich reduzieren.
Harry Tischhauser, CEO, RLQ-Manager DGUV Aktinova AG referierte zum Thema «VDI/ÖFR/SWKI 6022 Blatt 8 – Reinigung von RLT-Anlagen und Luftleitungen». Der erste Standard für gewerbliche Lüftungsreinigung in deutscher und englischer Sprache wurde im September 2024 fertiggestellt. Die erste DACH-Richtlinie als VDI/OFR/SWKI 6022 Blatt 8 schliesst eine grosse Lücke zwischen auffälliger Hygieneinspektion und der Problemlösung. Diese erste ?DACH-Richtlinie? wurde geschrieben für Planer, Montageunternehmen, Lüftungsreinigungsfirmen, FM-Betriebe und RLT-Anlagenbetreiber. Sie bietet eine bedeutende Hilfestellung, um den Betrieb von Lüftungsanlagen, hygiene- und brandschutztechnisch langfristig sicherzustellen. Die Lüftungsreinigung wurde bisher mehrheitlich nur für die Reduzierung der Brandgefahr durchgeführt. Tischhauser erklärte: «Es wurden deshalb nur Abluft-, Umluft-, Fortluft- und Aussenluft-Leitungen gereinigt und nur selten Zuluft-Leitungen. Zuluft-Leitungen werden während der Bauphase mit Staub belegt und häufig nicht oder nicht ausreichend gereinigt. Unter diesen Bedingungen können bereits ab Inbetriebnahme der Anlage über viele Jahre hinweg Staubpartikel in die Räume geblasen werden und verschlechtern die Zuluftqualität unnötigerweise».
Bei den Reinigungsverfahren werden Absaugverfahren, manuelles Verfahren, Druckluftverfahren mit unterstützter Absaugung, Drehbürste/Bürstenroboter, Thermische Verfahren (Trockendampf/Trockeneis) und Nassreinigung/chemische Nassreinigung detailliert beschrieben. Anhand verschiedener Beurteilungskriterien ist festzustellen, ob zu reinigen ist oder nicht. Sämtliche zuluftrelevanten Komponenten müssen besenrein sein. Es dürfen keine erheblichen verschmutzungsbedingten Brandlasten in den Luftleitungen vorhanden sein. Es dürfen sich gemäss VDI 6022 Blatt 1 keine mikrobiologischen Belastungen in unzulässiger Konzentration auf den relevanten luftberührten Oberflächen befinden.
Fazit: Die neue DACH-Richtlinie VDI/OFR/SWKI 6022 Blatt 8 bringt den bisher fehlenden Baustein der Transparenz in das Handwerk ?Luftungsreinigung? in allen drei deutschsprachigen Ländern. Damit sind alle am Prozess Beteiligten in der richtigen Art und Weise miteinander verantwortlich verknüpft. Gerade in den Grenzregionen herrscht bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten Klarheit darüber, was der Stand der Technik der Lüftungsreinigung bedeutet.
Legionellen und Legionellose
Im Nachmittagsprogramm der Tagung unter der Leitung von Lisa Günther, SWKI, waren aktuelle Fragestellungen rund um die Wasserhygiene das Thema. Christian Schätti Zundel, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, Liebefeld, erklärte in seinem Referat «Empfehlungen zu Legionellen und Legionellose: was ist neu?» die Zusammenhänge und gab wichtiges Basiswissen an die Zuhörer weiter: «Bei einer Erkrankung nach einer Infektion mit Legionellen (hauptsächlich durch L. pneumophila) sind zwei Krankheitsbilder vorherrschend: das Pontiac-Fieber mit leichtem Verlauf ohne Lungenentzündung und die Legionärskrankheit, die zu einer schweren Erkrankung mit Lungenentzündung führt.» 576 Fälle gab es bei letzterer (Melderate von 6,5 pro Jahr und 100 000 Wohnbevölkerung) im Jahr 2023; mit steigender Tendenz seit 2001. ? sind hier Männer und das Medianalter (beide Geschlechter) beträgt 65 Jahre. 90% der Fälle müssen hospitalisiert werden; 5–10% versterben trotz Antibiotikatherapie. Interessant ist auch, dass der Kanton Tessin mit 19,7/100 000 im Jahr 2023 die höchste Melderate aufweist. Die Fachleute vermuten hier die höheren Temperaturen, Bevölkerungsstrukturen oder höhere Melderaten als Ursachen. «Festzuhalten ist», so Zundel, «dass die Legionärskrankheit schweizweit (und in der EU) eine der wichtigsten wasserübertragbaren Erkrankungen darstellt.» Zundel stellte auch die Aktivitäten zur Bekämpfung der Legionellose auf Stufe Bund seit 2019, die verschiedenen Module sowie die seit 2021 laufende Revision vor. Fünf weiter Module, darunter Modul 11 (Hausinstallationen: Planung, Bau, Betrieb, Instandhaltung) werden folgen.
Ultrafiltration als Lösung für tiefere Temperaturen?
Dr. Bernd Bendinger, IWW Institut für Wasserforschung, D-Mülheim an der Ruhr, stellte in seinem spannenden Referat die Auswirkungen der Ultrafiltration auf die Nährstoffverhältnisse in der Trinkwasserinstallation in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. «Die Klimaschutzziele für Deutschland sehen vor, dass gemäss Klimaschutzgesetz 2024 die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65% gegenüber 1990 vermindert werden müssen und bis 2045 die Treibhausgasneutralität erreicht sein muss», sagte Bendinger. «Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, muss auch der Gebäudesektor den Energieverbrauch verringern und die Treibhausgasemissionen reduzieren. Und: in den energieeffizienten Häusern steigt der prozentuale Anteil des Energiebedarfs für die Trinkwassererwärmung. Für die weitere Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist folglich die Absenkung der Trinkwarmwasser-(TWW)-Temperatur notwendig, da hierdurch Energie eingespart wird und der Umstieg auf regenerative Energiequellen möglich ist.»
Da die Absenkung der TWW-Temperatur die Vermehrung von pathogenen Legionellen in der Trinkwasserinstallation (TWI) zur Folge haben kann, müssen Massnahmen getroffen werden, die eine hygienisch sichere TWW-Temperaturabsenkung ermöglichen. Im Verbundforschungsvorhaben ULTRAF wurde u. a. untersucht, ob der Einsatz einer Ultrafiltration (UF) zur Entfernung von Bakterien und Nährstoffen aus dem Trinkwasser am Hausanschluss oder innerhalb der TWW-Zirkulation eine hygienisch sichere Absenkung der TWW-Temperatur ermöglicht.
«Für das Projekt wurden insgesamt 33 Objekte deutschlandweit akquiriert», so Bendinger. «Doch in keinem Objekt entsprach der Zustand der TWI den a.a.R.d.T. In den meisten Fällen fehlte der Nachweis des thermohydraulischen Abgleichs. Letztlich standen nur 13 Objekte zur Verfügung, in denen 16 Versuchsreihen mit Absenkungen der TWW-Temperaturen durchgeführt wurden.
Interessant: In sieben Versuchsreihen konnte die TWW-Temperatur am Ausgang des TWE auf ≥ 45 °C und bis zu einer minimalen Temperatur in der Zirkulation TZirk, min zwischen 42 °C und 48 °C abgesenkt werden, ohne dass es zu hygienischen Auffälligkeiten kam. In sieben Versuchsreihen wurde die Absenkung der TWW-Temperatur abgebrochen, da es zur Vermehrung von Legionellen kam. «Wir müssen festhalten, dass die UF zwar Partikel und Bakterien zurückhält (Rückhaltegrade von > 1 x 107) und die Legionellen im zuströmenden Wasser (Import-Legionellen) abfiltriert werden; doch die Legionellen, die sich schon vor Einbau der UF in der TW-Installation befanden (Bestands-Legionellen) werden nicht beeinflusst», sagte Bendinger.
Die Bakterien sind im Trinkwasser nach der UF immer vorhanden und vermehren sich in Abhängigkeit vom darin befindlichen Nährstoffangebot. Die Zunahme der Zellzahl an natürlichen Bakterien im Wasser ist proportional zur Nährstoffkonzentration. Die Forscher um Bernd Bendinger haben deshalb ihren Fokus auf die organischen Nährstoffe und deren Rückhalt durch die Ultrafiltration gerichtet. Im Trinkwasser sind organische Nährstoffe sowohl in gelöster als auch partikulärer Form enthalten.
Zusammenfassend stellte Dr. Bendinger fest, dass die UF grundsätzlich eine Barriere für Partikel, aber nicht für gelöste Nährstoffe darstellt. Die UF verringert die Zellzahlen nicht nur quantitativ, sondern führt auch zu qualitativen Veränderungen der Populationszusammensetzungen im Trinkwasser vor und nach der Membran. Auch die Legionellen vor und nach der UF sind nicht dieselben. Denn die «Importlegionellen» aus dem Trinkwasser werden durch die UF zurückgehalten. «Bestandslegionellen», die schon in der Trinkwasserinstallation vorhanden waren, werden hingegen nicht entfernt. Dies erklärt auch, warum es zur Vermehrung von Legionellen in der Peripherie der TWI kommen kann, wenn die TWW-Temperatur auf ≤ 50 °C am Ausgang TWE abgesenkt wird. Es wurde klar, dass der Einbau einer UF-Anlage am Hausanschluss also bei abgesenkter TWW-Temperatur auf unter 50 °C (Ausgang TWE) grundsätzlich keine hygienische Sicherheit am Zapfhahn gewährleistet. Eine Trinkwasserinstallation ist offensichtlich nicht legionellenfrei zu betreiben, egal ob es sich um einen Neubau mit UF-filtriertem Trinkwasser ab Inbetriebnahme der TWI oder um Bestandsgebäude mit etabliertem Biofilm handelt.